Es ist die Geschichte weniger Tage und zugleich die des Endes einer mörderischen Diktatur. Am Montag, dem 16. April um 4 Uhr morgens startete die Rote Armee ihren Angriff auf Berlin, am 2. Mai ergaben sich die letzten deutschen Verbände in der Hauptstadt. Cornelius Ryan, im Zweiten Weltkrieg Kriegsberichterstatter für den Londoner Daily Telegraph, hat diesen „Letzten Kampf“ um Berlin in einem 1966 erschienenen Buch nachgezeichnet. 70 Jahre nach Kriegsende liegt es jetzt in einer Neuauflage wieder vor. Als „historische Collage mit den Zügen eines packenden Tatsachenromans“ beschreibt der Historiker Johannes Hürter das Buch in seinem Vorwort. Grundlage Ryans, dessen eindringliche Kriegsschilderungen „Der längste Tag“ (1959) und „Die Brücke von Arnheim“ (1974) verfilmt wurden, war eine umfangreiche Materialsammlung mit 969 schriftlichen Befragungen und 172 Zeitzeugeninterviews, mit der Auswertung von Tagebüchern, Militärakten und Briefen. Entstanden ist jedoch keine historische Arbeit, sondern ein Mosaik sehr persönlich gezeichneter Schicksale aus den Machtzentren genauso wie aus dem Alltag in Berlin.
Sie geben einen Einblick in das Leben in der durch Bombenangriff e weitgehend zerstörten Stadt, in der dennoch die Bahnen fahren, die Milch ausgefahren und die Post zugestellt wird, in der Menschen in Verstecken die Befreiung herbeisehnen, Jugendliche in die letzten Kämpfe geschickt werden und Frauen in Sorge um ihr Leben und das ihrer Kinder das Ende der Kämpfe erwarten.
Ryan schildert die militärischen Überlegungen in den Stäben, den Vormarsch der Alliierten, die Frage, ob amerikanische, britische oder russische Truppen zuerst die deutsche Hauptstadt erreichen. Der amerikanische Oberbefehlshaber Eisenhower entscheidet, wohl auch über den Kopf der Briten hinweg, „dass Berlin kein besonders wichtiges Ziel mehr ist“, sondern „nichts weiter als ein geographischer Ort“. Auch für Hitler bedeutet es nichts weiter, er gibt dem zur Verteidigung eingesetzten Kampfkommandanten Reymann den Befehl, Brücken und wichtige Gebäude in der Innenstadt zu zerstören, um einen Vormarsch zu behindern, ein Befehl, der nur unvollständig befolgt wird. Wohl über 150.000 Zivilisten sterben in den letzten Kriegstagen in Berlin, die sowjetischen Stellen geben die Zahl ihrer gefallenen Soldaten mit über 100.000 an. Opfer für die Befreiung von einer mörderischen Diktatur.
Geschrieben wurde das Buch in der Hochphase des Kalten Kriegs, was sich in der Dramaturgie Ryans, aber auch in der unterschwelligen Wertung der westalliierten gegenüber den sowjetischen Soldaten und Offizieren niederschlägt. Die Lektüre, so der Historiker Hürter, setze den „kritischen, informierten Leser“ voraus. Der findet darin dann eine Fülle von Details und Erlebnissen, ohne sich jeder Wertung anschließen zu müssen. Und er findet Willy Brandts Mahnung im Vorwort zur Erstausgabe 1966: „Wer miterlebt und mitentschieden hat, wie die größte Trümmerwüste in diesem Teil der Welt mit neuem Leben erfüllt wurde, der muss hoffen, dass die Lehren von 1945 – und der Jahre, die dorthin führten – nicht verlorengehen.“
Der letzte Kampf, von Cornelius Ryan (Autor), Willy Brandt (Vorwort), Johannes Hürter (Einleitung), gebundene Ausgabe, Konrad Theiss Verlag, Januar 2015, 480 Seiten ISBN-13: 978-3806230260, 29,95 EUR