geboren am 16.4.1909 in Berlin, verstorben am xxx (nach 1994)
Volksschule, 1925 Abschluss der Städtischen Handelsschule, Stenotypistin, 1945 Tätigkeit in der Justizverwaltung, von 1946 bis 1952 Sekretärin der Oberbürgermeisterin Louise Schroeder, 1954 Sachbearbeiterin in der Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales, 1958 Tätigkeit im Entschädigungsamt, 1967 Rentnerin
1948 Kandidatur zur Stadtverordnetenversammlung (1949 Verzicht auf einen Nachrückerplatz), Dezember 1948 bis März 1963 Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Schöneberg.
Arbeit für die „Mutter Berlins“
„Ich finde es traurig“, sagt Gertrud Loppach, „dass heute kaum noch jemand über diese Zeit Bescheid weiß. Wer beispielsweise weiß noch, wer die ,Mutter Berlins‘ war?“ Mehr als vier Jahre, vom Dezember 1946 bis zum Februar 1951, hat Gertrud Loppach für diese „Mutter Berlins“, die Bürgermeisterin Louise Schroeder, gearbeitet. Kennen gelernt hatten sie sich in Schöneberg – kurz nach der Wiedergründung der Partei.
Gertrud Loppach ist keine typische „Vorkriegs-Sozialdemokratin“, wie die meisten der SPD-Gründer des Jahres ’45. Geboren 1909 in Schöneberg, besuchte sie die Volks- und Handelsschule. Dass ihr Vater Sozialdemokrat war, hat sie erst lange nach seinem Tod erfahren. „Meine Schwester und ich sind nicht unbedingt sozialdemokratisch erzogen worden.“
Nach dem Tod des Vaters 1925 steht die Familie fast mittellos da. Das Geld, das sie als kaufmännische An- gestellte verdient, reicht nicht aus. Die Genossenschaft Lindenhof, in der sie seit 1921 wohnen, will sie schließlich Anfang ’31 wegen Mietrückständen aus der Wohnung setzen. Gertrud Loppach geht zum Vor- stand der Genossenschaft. „Ja,“ hört sie da, ., wenn Sie wenigstens Mitglied in der :SPD wären.“ „Keine schöne Geschichte“, sagt sie heute. „Ich bin dann eben eingetreten, und wir konnten im Lindenhof wohnen bleiben, nachdem wir uns zur Abzahlung der Mietschulden verpflichtet hatten.“
Sie geht zu Versammlungen, insbesondere zu den Frauenversammlungen.
„Aber der Sport hat mich damals noch mehr interessiert.“ Nach dem Verbot der SPD zieht sie sich ganz auf den Sport zurück. ..Ich bin nicht, wie eine ganze Reihe von Sozialdemokraten im Lindenhof. zu den Nazis übergetreten. Auch später hat mich niemand bedrängt, in die Nazi-Partei einzutreten.“ Sie arbeitet als Stenotypistin bei verschiedenen Betrieben und Handelsinstitutionen.
Kontakt zu ehemaligen Genossen hat sie kaum, bis sie 1943 ausgebombt wird und bei einer Freundin, Tochter eines ehemaligen Genossen, unterkommt. Am 25. April ‚ 45 marschieren sowjetische Truppen im Lindenhof ein, ein paar Tage später geht sie zum letzten Mal zu ihrer Arbeitsstelle am Kurfürstendamm und löst das Büro der „Fachgruppe Pharmazeutika“ auf. Büromaterial und Schreibmaschine listet sie auf und stellt es bei sich unter.
„Es muss doch weitergehen“. haben sie sich damals gesagt. Mit ihrer Freundin und deren Bruder beschließen sie, die SPD im Lindenhof wiederaufzubauen. Die Genossen, die sich noch kannten, trafen sich zum ersten Mal in der „Bessemer Klause“ in einem kleinen Raum, noch vor der ersten Großveranstaltung der SPD im „Deutschen Hof“ in der Luckauer Straße am 17. Juni. „Dorthin konnte ich nicht mitgehen. Ich war dann erst auf der zweiten Großveranstaltung am 14. September in der ,Neuen Welt‘.“
Bis dahin war der organisatorische Aufbau schon weiter: Seit dem 7. Juli gab es die sozialdemokratische Tageszeitung „Das Volk“. „Bis dahin war alles per Mundpropaganda weiter- gegeben worden.“ Am 14. September treffen sich die Genossen vom Sachsendamm und Lindenhof, um gemeinsam zur Hasenheide zu marschieren. „Der Genosse Knobloch brachte eine alte Fahne aus der Weimarer Zeit mit, die er versteckt hatte.“ Allerdings durften Fahnen auf Anordnung der Alliierten noch nicht ausgerollt werden.
„Es war irrsinnig voll und eine großartige Stimmung. Man hatte wieder ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.“ Otto Grotewohl spricht zum Thema: „Wo stehen wir, wohin gehen wir?“ Auch der KPD-Vorsitzende Wilhelm Pieck hält eine kurze Ansprache.
Louise Schroeder war die erste Schöneberger Kreisfrauenleiterin der SPD. Gertrud Loppach, die inzwischen im Lindenhof im Antifa-Ausschuss mitarbeitete, wurde 1946 ihre Nachfolgerin. „Auch mich hat man damals reingeworfen, und ich musste schwimmen lernen, sagte Louise Schroeder zu mir. Auch du wirst es lernen.“
Das Parteibüro der SPD war schon Ende Juli‘ 45 aus der Schöneberger Zietenstraße in die Behrensstraße im Bezirk Mitte verlegt worden – unter Kontrolle eines sowjetischen Militärbeauftragten. Im Mai ’46 zog die Partei zurück nach Schöneberg. Dorthin wurde Gertrud Loppach nach dem Wahlsieg der SPD im Dezember ’46 bestellt. „Um dreiviertel vier kam ich zu Louise Schroeder, der frischgewählten Bürgermeisterin.“
In der Justizverwaltung, in der Gertrud Loppach bis dahin gearbeitet hatte, wurden die Sozialdemokraten, die gegen die Vereinigung mit der KPD waren, nach und nach entlassen. Das Angebot, für Louise Schroeder zu arbeiten, kam da gerade recht. „Am 12. 12. gingen wir in das Rathaus in der Parochialstraße. Da saß noch der alte Bürgermeister Paul Schwenk in einem leeren Zimmer. Büromaterial und Schreibmaschine habe ich dann erst mitgebracht. Ich besaß ja noch die Materialien des aufgelösten Pharmazeutika -Verbandes. “
Ulrich Horb ( aus Berliner Stimme, Juni 1985)