„Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“- unter diesem Motto hat das Bröhan-Museum eine Ausstellung zum 150. Geburtstag des Berliner Malers Hans Baluschek (9. Mai 1870 – 28. September 1935) zusammengestellt, zu der im Wienand-Verlag ein umfangreicher Katalog erschienen ist.
Das Bröhan-Museum, Berlins Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, baut auf der Sammlung des Unternehmers und Kunstsammlers Karl H. Bröhan (1921 – 2000) auf, der auch Werke Hans Baluscheks erworben hatte. Zusammen mit zahlreichen Leihgaben des Stadtmuseums, der Berlinischen Galerie und anderer ist eine vielfältige Werkschau (12.5.2020 bis 27.9.2020) entstanden, die der Katalog umfassend abbildet und ergänzt.
„Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“, so hatte Kunstkritiker Willy Pastor zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Reaktionen von Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern auf die Arbeiten Hans Baluscheks zusammengefasst. Baluschek, als Sohn eines Eisenbahningenieurs in Breslau geboren, hatte an der Königlichen Akademie der bildenden Künste in Berlin studiert, sich in seiner Motivwahl aber nicht von der dort propagierten Historienmalerei leiten lassen. In seinen Arbeiten werden die Gesichter der Großstadt mit all ihren Facetten sichtbar, er malt die Lichter der Stadt und ihre dunklen Seiten, er macht Ursache und Wirkung erkennbar. Berlin ist eine rasant wachsende Stadt, die Industrialisierung führt zu menschenunwürdigen Wohn- und Arbeitsverhältnissen. Baluschek malt die Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter, mal vereinzelt und erschöpft von der Arbeit bei der Heimkehr, mal als Masse, er beobachtet die sozialen Außenseiter, die Arbeitslosen und Hoffnungslosen. Er komponiert seine Bilder. Anders als Otto Nagel, mit dem er in den zwanziger Jahren befreundet ist, sucht Baluschek mit seinen Bildern nicht die politische Aktion, auch wenn seine Motive die Gesellschaft schonungslos darstellen.
Ausstellung und Katalog machen die Entwicklung Baluscheks deutlich, etwa die Abkehr von der anfänglichen Kriegsbegeisterung im ersten Weltkrieg. Sie zeigen aber auch den fantasievollen Kinderbuchillustrator von „Peterchens Mondfahrt. “ Ein eigenes Kapitel ist dem Autor von Novellen gewidmet, der in seinen drei Büchern („Spreeluft“, „Enthüllte Seelen“ und „Großstadtgeschichten“) Situationen und Erlebnisse aus der Zeit um 1900 beschreibt, Szenen, wie sie auch in Baluscheks teils karikierenden Bildern jener Zeit festgehalten sind.
Sylvia Hinz hat den Frauen des Proletariats im Werk Baluscheks ein Kapitel gewidmet, Anna Grosskopf untersucht die Außenseiterfiguren in Baluscheks Bildern, Margrit Bröhan widmet sich dem Thema „Tod und Trauer im Werke von Baluschek“. Eine Zeittafel ordnet politische und künstlerische Ereignisse den Lebensstationen Baluscheks zu.
Ausstellung und Katalog sind auf den Künstler Hans Baluschek fokussiert, sein künstlerischer Einfluss in der Stadt, sein gesellschaftliches Wirken, sein Engagement als Sozialdemokrat und seine Freundschaft und Zusammenarbeit mit Künstlern wie Otto Nagel oder Käthe Kollwitz, die der KPD nahestanden, könnten vielleicht noch einmal genauer untersucht werden. Sein Heimatbezirk Schöneberg ehrte Baluschek 1928 mit einer Atelierwohnung im Turm der neu errichteten Wohnanlage Ceciliengärten in Friedenau – mit Blick auf die Gleisanlagen der Bahn nach Wannsee. Die Eisenbahn gehörte zu den Lieblingsmotiven des Malers. 1933 musste Baluschek die Wohnung auf Druck der Nationalsozialisten räumen. 1935 starb er. Eine seiner letzten Arbeiten waren die Illustrationen für die Festschrift „Hundert Jahre Deutsche Eisenbahn“. In der Nachkriegszeit fand Baluschek zunächst in der DDR Anerkennung, 1991 wurde in der Staatlichen Kunsthalle eine umfangreiche Ausstellung mit Werken Baluscheks gezeigt.
„Zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“, Hans Baluschek zum 150. Geburtstag, Katalog zur Ausstellung im Bröhan Museum, Berlin 2020, herausgegeben von Anna Grosskopf, Tobias Hoffmann, Fabian Reifferscheidt, Beiträge von Anna Grosskopf, Tobias Hoffmann, Fabian Reifferscheidt, Margrit Bröhan, Julia Hartenstein, Sylvia Hinz, 168 Seiten, mit 104 farbigen und 8 s/w Abb., Hardcover, 26,0 x 22,0 cm, ISBN 978-3-86832-565-2