Vom Sumpf zur Metropole: 1000 Jahre Berliner Geschichte

Cover "Berlin - 1000 Jahre Geschichte"

Cover „Berlin – 1000 Jahre Geschichte“

Hatte Berlin nicht erst vor einigen Jahren seine 750-Jahr-Feier? Egal, ein neuer Band aus dem Elsengold-Verlag verspricht einen Überblick über gleich 1000 Jahre Berliner Geschichte. Und da die Stiftung Stadtmuseum Berlin für die fachliche Beratung gesorgt hat, sollten die Daten ja stimmen.

Tatsächlich wird im reich illustrierten und liebevoll gestalteten Band „Berlin – 1000 Jahre Geschichte“ auch die Vorgeschichte Berlins dargestellt. Die ersten gut 200 Jahre allerdings sind eher ereignisarm verlaufen. Da, wo die Städte Berlin und Cölln dann mit der urkundlichen Erwähnung 1237 den Ausgangspunkt aller Berliner Gedenkfeiern schufen, war zunächst viel Sumpf, auf slawisch brlo genannt. Man ahnt schon den Namensursprung der späteren Hauptstadt. Das wirkliche Leben spielte sich dagegen in Spandau und Köpenick ab, wo slawische Stämme Festungsbauten errichteten. Mit Albrecht dem Bären festigten dann wieder germanische Stämme ihre Macht im Brandenburgischen, der Markgraf erbte dabei ganz unkriegerisch einen Teil des slawischen Gebietes.

Aber es ist keine Geschichtsschreibung aus der Sicht von Markgrafen oder Königen. Henry Werner berichtet in seinem Buch vom Alltagsleben in der Stadt, von ihren Bürgerinnen und Bürgern, von Zuwanderung und Veränderung, aber auch vom Widerstand gegen die Obrigkeit. So fluteten empörte Bürger 1448 kurzerhand die Schlossbaustelle, die Friedrich II. Eisenzahn dort als sichtbaren Ausdruck seiner ungeliebten Herrschaft eingerichtet hatte.

Die Geschichte Berlins ist ebenso reich an Höhepunkten wie an Tiefpunkten. So folgte etwa auf eine Blütezeit der dreißigjährige Krieg mit den verschiedenen Besetzungen, mit Pestwelle und Cholera. Die Bevölkerungszahl halbierte sich auf kaum noch 6000, Häuser standen leer, die wichtigsten Kaufleute waren verstorben, Abgabenlasten drückten die Verbliebenen. Auswärtige Kaufleute entdeckten die Chancen der Stadt und ließen sich nieder, 1660 sorgte eine neue Verordnung für mehr Sauberkeit und weniger Gerüche. Ein „Gassenmeister“ sammelte Unrat in Gefäßen ein, Schweineställe durften nicht mehr auf den Gehsteig hinausragen. Und Unrat, der nicht ordnungsgemäß entsorgt wurde, durfte durch das Fenster in die Häuser zurückgeworfen werden. Neue Vorstädte entstanden, die Stadt wuchs.

Während der Zeit des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. wurde der Lustgarten zum Exerzierplatz. Tausende Soldaten, die in Privatquartieren in der Stadt wohnten, prägten das Stadtbild. Aus Böhmen siedelten sich verfolgte Protestanten in Rixdorf an. Während Friedrich der Große seine Residenz nach Potsdam verlegte, entstanden in Berlin Schauspielhaus und Dombauten, der Tiergarten wurde gestaltet, Kasernen gebaut.

Gut die Hälfte des Bandes nimmt die Geschichte der vergangenen rund hundert Jahre ein. Es ist die Entstehungszeit der Mietskasernen mit ihren engen Zimmern, zahlreichen Hinterhöfen und Außentoiletten.

Auf den 1.Weltkrieg folgten die „goldenen zwanziger Jahre“. 1920 erhielt Berlin seine heutigen Stadtgrenzen. Naziherrschaft und Widerstand mündeten in die weitgehende Zerstörung der Stadt und die Teilung, die Berlin zu einer Stadt mit mindestens zwei Zentren machte, in eine Frontstadt.

Henry Werner wagt im Schlusskapitel einen Ausblick auf die Entwicklung der Stadt bis zum Jahr 2030, angesichts der rasanten Entwicklung der Stadt ein mutiges Unterfangen. Manches hängt dabei auch von den politischen Weichenstellungen der kommenden Jahre ab. Noch gibt es Möglichkeiten, Räume für Kultur zu erhalten, die Wirtschaftskraft der Stadt zu verbessern und die wachsende Stadt zu gestalten.

Dr. Henry Werner, Berlin – 1000 Jahre Geschichte, 224 Seiten, Elsengold Verlag April 2014, 29,95 Euro, ISBN-10: 3944594134

 

Über Ulrich Horb

Jahrgang 1955, Journalist und Fotograf in Berlin
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