1955: Charlottenburg feierte Geburtstag

Festumzug 250 Jahre Charlottenburg am 5. Juni 1955. Foto: Archiv Horb

Festumzug 250 Jahre Charlottenburg am 5. Juni 1955. Foto: Archiv Horb

 

Mit einer Festwoche feierte Charlottenburg im Juni 1955 sein 250jähriges Bestehen. 1705 hatte Preußens König Friedrich I. der kleinen Siedlung am Schloss Lützenburg, das für Königin Sophie Charlotte als Sommerresidenz erbaut worden war, den Namen Charlottenburg und das Stadtrecht verliehen. Mit einem Turmblasen am Rathaus startete die Festwoche am Sonnabend, dem 4. Juni 1955. Um 10 Uhr wurde zum Festakt mit Bezirksbürgermeister Bruhn und Berlins Regierendem Bürgermeister Prof. Dr. Otto Suhr in die Hochschule für Musik geladen. Dr. Ernst Kaeber, Direktor des Stadtarchivs, hielt die Festansprache.

Besiedelt war die Gegend des heutigen Charlottenburg wohl seit der Jungsteinzeit, slawische und germanische Siedler lebten nah beieinander. Das Dorf Lietzow, 1239 als Lucene erstmals urkundlich erwähnt, war eine der Keimzellen der späteren Stadt. Eine weitere war die Siedlung am Schloss. 1695 hatte Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg Lietzow und das Vorwerk Ruhleben seiner Gattin Sophie Charlotte übereignet. Sie ließ nahe Lietzow das Sommerschloss Lützenburg errichten.  Nach dem frühen Tod von Sophie Charlotte im Februar 1705  ordnete der inzwischen als Friedrich I.  zum König von Preußen gekrönte Monarch an, die Siedlung am Schloss und das Schloss selbst künftig Charlottenburg zu nennen. Mit der Verleihung der Stadtrechte und der Eingemeindung Lietzows in Charlottenburg begann die Geschichte der eigenständigen Stadt, deren erster Bürgermeister Friedrich I. wurde.

„1705 eine kleine Siedlung mit dem Schloss als Mittelpunkt, 1805 eine bescheidene Kleinstadt mit wenigen tausend Einwohnern, 1905 eine Großstadt von Weltruf, die reichste Stadt Preußens“, so beschrieb 1955 der Charlottenburger Bürgermeister Hans Bruhn (CDU) die Etappen.

Das Festwochenprogramm war umfangreich, umfasste Ausstellungen im Rathaus zur Baugeschichte, zur Gesundheitsvorsorge und eine Heimatausstellung, Sendungen im Hörfunk, Kinderfeste und Konzerte, Freilichtspiele, ein Seifenkistenderby, Vorträge und abendliches Feuerwerk. Auch die Brauerei in der Danckelmannstraße, 1884 als Kaiser-Brauerei AG gegründet und 1910  von der größeren Engelhardt-Brauerei AG übernommen, schenkte bei einem Straßenfest vor dem Brauereigelände am 5. Juni 5000 Liter Freibier aus, das „Charlottenburger Pilsener“, das bis 1998 dort gebraut wurde.

Festumzug 250 Jahre Charlottenburg am 5. Juni 1955. Foto: Archiv Horb

Festumzug 250 Jahre Charlottenburg am 5. Juni 1955. Foto: Archiv Horb

Zu den Höhepunkten zählte ein Umzug, der am Sonntag, dem 5. Juni von den Messehallen über die Neue Kantstraße, Suarezstraße, Bismarckstraße, Ernst-Reuter-Platz, Berliner Straße, Schlossstraße, Kaiserdamm zum damaligen Reichskanzlerplatz, dem heutigen Theodor-Heuss-Platz führte. Den Auftakt machte ein historischer Zug, gefolgt vom Zug der Handwerker, dem Zug der Industrie und des Handels. Zum Schluss folgte ein Zug der Sportler. An vielen Stellen führte der Zug noch an im Krieg zerstörten Hausruinen vorbei.

Cover 250 Jahre Charlottenburg

Zum Fest erschien ein 240seitiges Büchlein mit der Charlottenburger Stadtgeschichte, herausgegeben vom Bezirksamt und redigiert von Karl Ernst Rimbach, einem Spezialisten für Festschriften. Vorgestellt werden darin neben dem launig geschriebenen historischen Rückblick zahlreiche Charlottenburger Firmen und Institutionen, Zahlen, Fakten, Erinnerungen und Anekdoten.  Die große Zahl von Anzeigen zeigt das vielfältige Angebot an Handwerk und Läden im 1920 in Groß-Berlin aufgegangenen Bezirk.

 

 

Über Ulrich Horb

Jahrgang 1955, Journalist und Fotograf in Berlin
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