Es sind liebenswerte kleine Anekdoten, die Karl Matzdorff aufgeschrieben hat. Der Weddinger Arzt veröffentlichte mehrere schmale Bändchen, die Beispiele des Berliner Humors und jener Schlagfertigkeit enthalten, für die Berlin einmal berühmt war. „Berlin-Wedding nicht kleinzukriegen“ ist eines davon. „Aus dem Skizzenbuch eines Kassenarztes“ lautet der Untertitel des 80 Seiten starken Bändchens.
Matzdorf erzählt, wie er als Arzt die medizinische Behandlung eines Schankwirts, der alle Zahlungsaufforderungen ignorierte, mit der Bestellung größerer Mengen Weißbieres verrechnete, wie er versehentlich auf einer falschen Beerdigungsfeier herzlich empfangen wird, wie ihm die spielenden Weddinger Kinder auf der Straße begegnen, wenn er zu seinen Hausbesuchen unterwegs ist. Es sind Berliner „Typen“, die er behandelt, denen der Tausch von Kartoffelschalen gegen Brennholz schon mal wichtiger ist als der Doktor, der gerade zur Behandlung da ist, und die mitunter heftig dem Alkohol zusprechen.
Anekdoten aus dem Wedding veröffentlichte Matzdorff Mitte der dreißiger Jahre im Verlag Arthur Collignon. An Eckensteher Nante erinnert man sich da noch ein wenig, nun verschwindet gerade der „Bolle-Junge“ aus dem Stadtbild, weil die Meierei ihre Wagen inzwischen motorisiert hat, und, so Matzdorff, „da hinten auf- und abzuspringen wird zu gefährlich“. Auch wenn manche Geschichten schon in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg überholt gewirkt haben dürften, erschien „Berlin-Wedding nicht kleinzukriegen“ in den fünfziger und sechziger Jahren in immer wieder neuen Auflagen im Verlag Lothar Blanvalet. In den siebziger bis neunziger Jahren kam der Band in gleicher Aufmachung mit dem Umschlagbild von Heinz Schmidt-Berg beim Berliner arani-Verlag heraus.
Matzdorff, Karl, Berlin-Wedding nicht kleinzukriegen, Aus dem Skizzenbuch eines Kassenarztes, 80 S., verschiedene Auflagen bis in die neunziger Jahre