Zwar ist die Gründung der Diakonissenanstalt Bethanien mit viel staatlicher Unterstützung erfolgt. In den Jahren nach 1847 werden aber auch immer wieder die kirchlichen Ansprüche deutlich. Wesentlich geprägt hat die Entwicklung der Anstalt Georg Heinrich Theodor Fliedner, ein evangelischer Pfarrer in Kaiserswerth bei Düsseldorf, der dort u.a. ein Asyl für entlassene weibliche Strafgefangene eingerichtet hatte und sich um die Betreuung der Armen kümmerte.
1836 hatte er eine „Bildungsanstalt für evangelische Pflegerinnen“ gegründet, denen er Uniformen verordnete, um ihrer Arbeit mehr Gewicht und Anerkennung zu verleihen. Er wurde damit zum „Vater der evangelischen Diakonissensache“. Die dort ausgebildeten Diakonissen, im Fliednerschen Sinne Dienerinnen Jesus, zogen in alle Welt. Schon bei der Gründung Bethaniens war Fliedner vom preußischen König einbezogen worden, die ersten Diakonissen für Bethanien kamen aus Kaiserswerth, Fliedner erhielt anschließend eine Art Oberaufsicht und wurde ins bethanische Kuratorium berufen. 1864 verstarb er. Inzwischen gab es ein Statut, das die Rechte zwischen Kuratorium und Hausleitung regelte.
In die neue Bebauung rund um das Bethanien ziehen immer mehr Arbeiterfamilien. „Dem Wesen der Diakonie gemäß hat auch Bethanien von Anfang an den Elenden und Armen gedient vor allen andern, und sein Standort in der mehr und mehr übervölkerten, überbauten südöstlichen Innenstadt sorgte von selbst dafür, dass Bethanien eine Mutter der vom Großstadtelend gezeichneten Bevölkerung wurde“, schrieb Pastor Wilhelm Langer in der Festschrift zum hundertjährigen Bestehen Bethaniens 1947, ohne auf das auch weiter vorhandene Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der kirchlichen Einrichtung einzugehen.
Der „Dienst für die Armen“ ist weitgehend ein Dienst im Sinne der Obrigkeit. Die bethanischen Diakonissen ziehen in den deutsch-dänischen Krieg 1864 und versorgen Verletzte im Kriegshospital in Altona, in Lazaretten in Rendsburg und Flensburg. Im Bethanien werden freiwillige Pflegekräfte kurz geschult, um dann an die Front geschickt zu werden. 1866 sind die Diakonissen am Kriegsschauplatz in Österreich, 1871 werden 37 bethanische Schwestern in den deutsch-französischen Krieg geschickt.
Mit 67.000 Mark aus Spenden wird 1877 ein „Feierabend-Haus“ als Ruhesitz für 23 Diakonissen an der Waldemarstraße gebaut und im September 1878 bezogen. 1894 wird nördlich des Haupthauses ein Lehrschwesternhaus fertiggestellt. 20 Schülerinnen wohnen künftig im „Martha-Maria-Haus“. 1971 werden dort wieder Schülerinnen und Schüler einziehen – als Besetzerinnen und Besetzer des dann leer stehenden Hauses.
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