Er war ein Freund von Heinrich Zille und Käthe Kollwitz, arbeitete als Schriftsteller, Übersetzer und praktischer Arzt in Friedenau. Sie schrieb Drehbücher, auch eine Rolle für Hans Albers, später kümmerte sie sich um die Veröffentlichungen ihres Bruders. Adolf Heilborn und Luise Heilborn-Körbitz waren ein ausgesprochen kreatives Berliner Geschwisterpaar.
Geboren wurde Adolf Heilborn am 11. Januar 1873 in Berlin als Kind einer Kaufmannsfamilie. Im Berliner Adressbuch von 1875 wird der Vater Rudolph Heilborn (eigentlich: Raphael Juda Heilborn) als Inhaber einer Posamentier-, Putz- und Weißwarenhandlung in der Potsdamer Straße 36 geführt, Mutter Clara Körbitz unter gleicher Anschrift mit einer Posamentenfirma.
Adolf Heilborns erste Veröffentlichungen erschienen in der Vossischen Zeitung, damals besuchte der junge Heilborn noch das Gymnasium. 1893 begann er ein Studium der Medizin und Naturwissenschaften.
Seine anderthalb Jahre jüngere Schwester Luise, geboren am 25. Juli 1874, wurde eine erfolgreiche Drehbuchautorin, wirkte 1923 etwa an der Verfilmung von Thomas Manns Buddenbrooks mit. Als Luise Heilborn-Körbitz tauchte sie im Abspann vieler Filme auf, manchmal auch mit dem Pseudonym Hanns Torius, etwa in den beiden von Gerhard Lamprecht 1928 produzierten Filmen über den Alten Fritz.
Zwischen 1910 und 1928 entstanden etliche Stummfilmdramen, wobei vor allem die Zusammenarbeit mit dem Regisseur, Autor und späteren Filmhistoriker Gerhard Lamprecht eng war, dessen umfangreiche filmhistorische Sammlung in den sechziger Jahren vom Berliner Senat übernommen wurde und den Grundstock für die Deutsche Kinemathek bildete.
Manche Filme, an denen Luise Heilborn-Körbitz mitwirkte, wie „Die Heldin von St. Honorée“ (1913) oder der 1914 rasch zum Kriegsbeginn gedrehte Streifen „Die Grenzwacht im Osten“ sprachen nationalistische Gefühle an, andere wie das Lustspiel „Bedingung – Kein Anhang!“(1914) mit Ernst Lubitsch, in der ein Fürst lächerlich gemacht wurde, scheiterten auch mal an der Zensur. Während Luise Heilborn-Körbitz In der Anfangsphase für Kinder-Lustspiele wie „Ein Unglück in der Kinderstube“ (1910) mit einer reparaturbedürftigen Puppe verantwortlich zeichnete, schrieb sie später das Drehbuch für ein Sozialdrama wie „Unter der Laterne“ mit Lissi Arna, Käthe Haack und Hubert von Meyerinck, das sehr gefühlsbetont den Abstieg eines Berliner Mädchens in die Prostitution schilderte. Und sie wirkte an Verfilmungen von Romanen der Berliner Schriftsteller Erdmann Graeser oder des 1943 in Auschwitz ermordeten Autors Georg Hermann mit. Graeser lieferte die Vorlage für die Stummfilmversion von „Lemkes sel. Witwe“ (1928). Hermann war Schöpfer des „Kubinke“, der tragischen Figur eines Angestellten im Berlin der Kaiserzeit, 1926 unter dem Titel „Kubinke, der Barbier, und die drei Dienstmädchen“ verfilmt. Zwischenzeitlich hatte Luise Heilborn-Körbitz 1923 als Dramaturgin für die Rex-Film AG von Lupu Pick ausländische Filme bearbeitet.
Nach Schilderungen des Zeichners Heinrich Zille entstand 1925 zusammen mit dem Regisseur Gerhard Lamprecht und dessen Produktionsgesellschaft National-Film A.G. das Sozialdrama „Die Verrufenen“, uraufgeführt im Ufa-Theater an der Moabiter Turmstraße in Anwesenheit des preußischen Innenministers Carl Severing, des Oberbürgermeister Gustav Böß und von Heinrich Zille. Der Ansturm der Besucherinnen und Besucher war groß, die Menge, die auf die zweite Vorstellung wartete, drückte eine Glastür des Kinos ein. Und im Saal, so meldete es eine Zeitung, wurden „fünfzehn Billettschwarzhändler verhaftet“. Auch im Tauentzienpalast lief dieser erste „Zille-Film“.
Zille war ein enger Freund von Luises Bruder Adolf Heilborn, der sich auch für die Verwirklichung des Filmprojekts stark gemacht hatte. Der Film war Auftakt zu einer Trilogie, zu der „Menschen untereinander“ (1926) und „Die Unehelichen“ (1926) gehörten. Dem Publikum wurden darin mit eindringlichen Bildern die Wohn- und Lebensverhältnisse und das soziale Elend in den Arbeitervierteln nahegebracht, gedreht wurde an Originalschauplätzen, in den Mietskasernen, den Höfen und Kneipen, auch die Komparsen entstammten dem proletarischen Milieu. Kontrastiert wurden die Szenen mit der Welt des Bürgertums und der Industriellen. Zille selbst trat zu Beginn in einer kurzen Sequenz auf. Die künstlerische Arbeit war dabei nicht frei von Zwängen. Der Film musste von der Zensur freigegeben werden, damit er im Kino gezeigt werden konnte. Und wohl mit Blick auf den Publikumsgeschmack bekam der Film – anders als der nach Zilles Tod mit Unterstützung von Otto Nagel, Hans Baluschek oder Käthe Kollwitz entstandene Streifen „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ – ein sogar klassenübergreifendes Happyend.
Im Film „Die Unehelichen“, auf dem Plakat als „Eine Kindertragödie im Film“ angekündigt, spielten Kinder die Hauptrolle. Luise Heilborn-Körbitz nutzte als Grundlage für das Drehbuch Unterlagen und Erkenntnisse des „Vereins zum Schutz der Kinder vor Ausnutzung und Misshandlung“, einem Vorgänger des Kinderschutzbundes. Die Uraufführung des Films am 6. September 1926 wurde zur Unterstützung des Vereins genutzt. Teilen der politischen Linken genügte die eindringliche Schilderung nicht, sie sahen darin eine Unterstützung des staatlichen Fürsorgewesens statt für mehr Selbstbestimmung der Jugendlichen zu kämpfen.
Luise, im Berliner Adressbuch stets als Schriftstellerin aufgeführt, wohnte Mitte der zwanziger Jahre in der Wilmersdorfer Mainzer Straße 12 im Gartenhaus. Ihr Bruder Adolf, 1898 zum Dr. med. promoviert und zwischenzeitlich als Schiffsarzt in aller Welt unterwegs, hatte eine Arztpraxis in der nahegelegenen Schöneberger Menzelstraße 28 am Bahnhof Friedenau, später, in den dreißiger Jahren, wohnte er in der Menzelstraße 2. Nach über vierzig Filmen zog sich Luise Heilborn-Körbitz gesundheitlich angeschlagen in den dreißiger Jahren aus der Branche zurück, in der nun der Tonfilm die Arbeit veränderte.
Adolf Heilborn verfasste eine ganze Reihe populärwissenschaftlicher Bücher, überwiegend mit naturwissenschaftlicher oder kulturhistorischer Thematik. 1898 erschien seine „Allgemeine Völkerkunde in kurzgefasster Darstellung“, 1906 veröffentlichte er, versehen mit einem Lehrauftrag der Deutschen Kolonialgesellschaft, das Buch „Die deutschen Kolonien (Land und Leute)“, das aus einer Reihe von Vorlesungen hervorging, in denen er die Anfänge des deutschen Kolonialismus durchaus mit Sympathie beschrieb. Im 1. Weltkrieg arbeitete er als Militärarzt, 1917 heiratete er Margarete Auth.
Heilborn schrieb viel. Er war Herausgeber und bis 1911 Redakteur der Wochenzeitschrift „Die Gegenwart“, die sich mit Kunst, Kultur und Literatur befasste, danach redigierte er die Halbmonatsschrift „Wissen“. Von 1905–11 war er Dozent an der Humboldt-Akademie. Er brachte der Jugend in seinen Büchern die „Wilden Tiere“ näher, erklärte die Lehre Darwins, schrieb Bücher über Frösche (1930) und fleischfressende Pflanzen (1930), erläuterte in einer „Studie zur Natur- und Kulturgeschichte des Weibes“ (1924) Unterschiede und Gemeinsamkeiten von „Weib und Mann“ und die Rolle der Frau in verschiedenen Kulturen und Zeitaltern. Heilborn erklärte den „Werdegang der Menschheit und die Entstehung der Kultur“ (1920), aber er widmete sich auch ungewöhnlichen Themen wie einer Kulturgeschichte der Wohnung und des Hausrats (Die Reise durchs Zimmer, 1924). In der „Reise nach Berlin“, zunächst als Serie in der Berliner Morgenpost erschienen, durchwanderte er seine eigene Heimatstadt. Seine Bücher, die überwiegend im Ullstein-Verlag erschienen, spiegelten Heilborns humanistische Bildung, aber auch den Zeitgeist.
Seinen Freunden Heinrich Zille und Käthe Kollwitz widmete er eigene Bücher, in denen er einfühlsam die Lebensgeschichte und das künstlerische Wirken beschrieb, reich illustriert mit Zeichnungen und Grafiken. „Mitten im Volke lebend, täglich die Armen und Kranken in ihrer ungeschickten Hilflosigkeit sehend, empfand die Künstlerin immer stärker Mahnung und Berufung“, so Heilborn über Käthe Kollwitz. „Das hier war ihre Aufgabe: den Stammelnden und Stummen durch die Sprache ihrer Kunst Worte zu geben, aus den ohnmächtigen Klagen der Vielen die eine mächtige Anklage zu ballen.“
Mit der NS-Zeit wurden Adolf Heilborns Arbeitsmöglichkeiten immer weiter eingeschränkt. Den Nazis galt er als „jüdischer Mischling“, damit konnte er nicht mehr Mitglied der Reichsschrifttumskammer sein, was einem Berufsverbot als Schriftsteller gleichkam. Jüdische Ärzte verloren 1938 ihre Approbation. Am 16. Oktober 1941 wurde im Wilmersdorfer Sankt Gertrauden Krankenhaus der Tod von Adolf Heilborn festgestellt. Er wurde 68 Jahre alt. Im Gedenkbuch für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft des Bundesarchivs ist als Todesursache der Freitod vermerkt.
Luise Heilborn lebte nach dem Krieg in der Spanischen Allee 23 in Zehlendorf. Sie starb am 15. Januar 1961.
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