Marcia Zuckermann: „Mischpoke“

Cover "Mischpoke"

Cover „Mischpoke“

Marcia Zuckermanns Familienroman „Mischpoke“ beginnt in Westpreußen und führt dann in das  Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre. Aufgewachsen in wohlhabenden Verhältnissen  und liebevoll-bissig die „sieben Plagen“ genannt, erleben die sieben Töchter von Samuel und Mindel Kohanim Armut, Krieg, Verfolgung und Vertreibung, sie streiten, lieben und lachen. Sie kämpfen um ihr Glück und das Überleben.

Das nicht immer einfache Zusammenleben von deutschen, jüdischen und polnischen Familien in Westpreußen gerät mit dem 1. Weltkrieg vollends aus den Fugen. Mit dem Friedensvertrag von Versailles werden die Grenzen zwischen Deutschland und Polen neu gezogen. Auch die seit langem in Westpreußen ansässige Familie Kohanim muss sich neu orientieren. Ein Teil findet in Berlin eine neue Heimat.

Die Lebenswege der Schwestern sind unterschiedlich, sie reichen vom Versuch der Anpassung bis zum Kampf im Widerstand.  Tochter Franzi landet  am Sparrplatz, im „roten Wedding“,  einem „Nachtjacken-Viertel“, in dem  viele entlassene ehemalige Häftlinge untergekommen sind. Kommunisten und Sozialdemokraten streiten hier um den richtigen Weg, während die Nazis immer mehr an Boden gewinnen.

Marcia Zuckermanns eigene Familiengeschichte spiegelt sich in diesem Roman. Über vier Generationen erzählt sie in „Mischpoke“ das turbulente Leben der Kohanims. Der liebevoll erzählte  Roman blickt in unterschiedliche Milieus, er zeigt deutsche Geschichte, mit Hoffnung und Kampf, Verfolgung und Widerstand. Es ist ein spannendes Buch, voller Witz, Selbstironie und Tragik, erzählt aus der Sicht einer Nachfahrin der Kohanims, der die Justiz die Unterstützung einer Geflüchteten vorwirft. Wieder geht es um den Verlust von Heimat.

Marcia Zuckermann wurde 1947 in Ostberlin geboren. Ihr jüdischer Vater war  als poli­tischer Gefangener im KZ Buchenwald inhaftiert, er überlebte den Holocaust nur knapp. Ihre protestan­tische Mutter war als Kommunistin im Widerstand aktiv. Aber auch die DDR bot nicht die notwendige Freiheit. Ende der fünfziger Jahre musste die Familie das Land verlassen. Marcia Zuckermann ist der Geschichte über viele Jahre nachgegangen, sie hat die Schauplätze besucht, sich Erinnerungen erzählen lassen. Jetzt arbeitet sie an einem neuen Buch. Es soll die Geschichte der Emigrierten erzählen.

Marcia Zuckermann, Mischpoke,  Frankfurter Verlagsanstalt, August 2016, gebundene Ausgabe, 448 Seiten, 24 Euro, ISBN: 9783627002299

Über Ulrich Horb

Jahrgang 1955, Journalist und Fotograf in Berlin
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