Der Berliner Künstler Heinrich Zille hat nicht nur liebevoll das Hinterhofleben in den Mietskasernen mit dem Stift kommentiert, er hat auch die kleinen Vergnügungen der Berlinerinnen und Berliner beobachtet. Der 1987 erschienene Band „Buden, Bier und starke Frauen“ vereint einige Rummelplatzmotive des Zeichners mit etlichen Zille zugeschriebenen Fotografien.
Der Berliner Galerist Konrad Jule Hammer hat den bildlichen Ausflug ins Rummelplatzleben um eine kurze Geschichte der Berliner Volksbelustigungen im 19. und 20. Jahrhundert ergänzt. Mitte des 18. Jahrhunderts verlustiert sich das Bürgertum vor dem Spandauer Tor im „Heydemannischen Garten“ bei Kegel- und Kugelspielen. 1815, so Jule Hammer, findet auf dem Exerzierplatz im Tiergarten ein großes Volksfest statt. Gefeiert wird das 400jährige Jubiläum des Hauses Hohenzollern, geboten werden Gesang und Tanz.
1829 wird in der Nähe des Kreuzbergs der Rummelplatz Tivoli eröffnet, auf dem Schaukeln und Wippen für Abwechslung sorgen. Zu den größeren Berliner Volksvergnügungen gehört der „Stralauer Fischzug“, bei dem es Aal, Gurken und Weißbier gibt.
Um 1865 öffnet die Gaststätte „Neue Welt“ nahe der Hasenheide, in der vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter einfache Vergnügungen und Ablenkung vom Alltag in den Fabriken finden. In der Nähe des Biergartens siedeln sich Schausteller an. Ende des 19. Jahrhunderts fahren die Berliner mit der neuen Ringbahn nach Halensee, wo Karussells, Schieß- und Würfelbuden im Wirtshaus am Halensee, den späteren „Terrassen“, für Unterhaltung sorgen. Ein englisches Konsortium entwickelt daraus den Luna-Park. Zu Zeiten Zilles stellen dort und auf den wechselnden Rummelplätzen schwergewichtige oder besonders starke Menschen die Sensationen dar, „tätowierte Damen“ und Wahrsager, es gibt Schützenzelte, Spiegelkabinette, Reitvorführungen.
Ob auch die Heinrich Zille zugeschriebenen Fotografien von ihm persönlich angefertigt wurden, ist seit einiger Zeit umstritten (siehe Heinrich Zille: Wer drückte den Auslöser?). Immerhin geben sie einen guten Eindruck von der Atmosphäre der Rummelplätze, auf denen Zille seine Motive fand.
Buden, Bier und starke Frauen, Ein Rummelspaziergang mit Heinrich Zille, eingeleitet von Jule Hammer, Berlin 1987, ca. 82 S.