Mit seinen Fotografien von Kreuzberg ist der 1945 geborene Fotograf Michael Schmidt weit über Berlin hinaus bekannt geworden. Zwischen September 1976 und August 1978 hat er auch den Bezirk Wedding im Bild festgehalten, Auftraggeber war das Bezirksamt.
Der Fotoband rückt in seinem ersten Teil Weddinger Stadtlandschaften ins Bild, die öde und menschenleer sind und auf eigentümliche Art abweisend wirken. Oft sind Barrieren im Vordergrund sichtbar, breite Autostraßen, Plakatwände, Sandhügel, Zäune, Gestrüpp, steinerne Fassaden, die eine Annäherung kaum erlauben.
Der zweite Teil des Bandes ist den Menschen gewidmet, die wiederum nicht in der sie umgebenden Stadt zu sehen sind, sondern in ihrer Wohnung, in der Schule oder am Arbeitsplatz, immer den Blick auf den Fotografen gerichtet, steif. Die Porträtierten sind Mitarbeiter des im Wedding beheimateten Pharmaunternehmens Schering, das inzwischen zu Bayer gehört, Beschäftigte des Bezirksamts, Kommunalpolitiker von CDU und SPD, ein Heimerzieher.
In seinem Vorwort bescheinigt der damalige Bezirksbürgermeister Horst Bowitz dem Fotografen: „Dem Gedanken ist Rechnung getragen worden, Stadttypisches am Beispiel des Bezirks Wedding von Berlin mit Hilfe einer vom allgemein üblichen Vorgehen abweichenden Methode ungeschminkt so im Bild festzuhalten, dass aufschlussreiche Einblicke in soziale Gegebenheiten ermöglicht werden.“
Charakteristisch für Schmidt, so schreibt es der Kritiker und frühere Feuilletonchef des Tagesspiegel Heinz Ohff in seiner Einleitung, sei die „Abwesenheit von jeglicher ,Stimmung‘“. Sonst in der Fotografie üblich Beleuchtungseffekte, Sonnenauf- und -untergänge kommen nicht vor. Und die mit einer Plattenkamera aufgenommenen Bilder sind extrem detailreich. Stimmung strahlen die Fotografien dennoch aus. Es überwiegt ein Gefühl der Verlassenheit. Selbst bei den Porträts.
Stadtlandschaft und Menschen Berlin-Wedding, Galerie und Verlag A. Nagel, Herausgeber Bezirksamt Wedding von Berlin, Berlin 1978