„Weitentlegen vom Geräusch der Stadt und nur leider in einer zu kahlen, baumlosen Gegend liegt Bethanien, die seit einigen Jahren errichtete Diakonissenanstalt.“ 1854 hat sich der liberale Schriftsteller Karl Gutzkow hier umgeschaut, da stand das markante Hauptgebäude mit den zwei Türmen gerade sieben Jahre. In „Berlin — Panorama einer Residenzstadt“ beschreibt er seine Eindrücke: „Man fährt an einer neuen, im Bau begriffenen katholischen Kirche vorüber und bewundert die großartige Anlage dieses vielbesprochenen Krankenhauses, das sich bekanntlich hoher Protektion zu erfreuen hat.“ Ein Hinweis auf das starke Interesse von König Friedrich Wilhelm IV. an dieser Einrichtung.
Die Geräusche der Stadt haben das Gelände längst eingeholt. Bethanien liegt heute im Zentrum Berlins, in Friedrichshain-Kreuzberg, unweit des Kottbusser Tores und der lärmigen Oranienstraße. Und es ist einer jener Orte, an dem sich Spuren sehr unterschiedlicher Geschichten finden. Diakonissen pflegten hier Kranke, Theodor Fontane arbeitete in der Krankenhaus-Apotheke, die heute Museum ist.
1971, ein Jahr nachdem das Krankenhaus geschlossen wurde, besetzten Jugendliche das ehemalige Schwesternwohnheim Martha-Maria-Haus, benannten es in Georg-von-Rauch-Haus um und „Ton, Steine, Scherben“ spielten den Song dazu. Das Kunstamt Kreuzberg organisierte im Bethanien weitbeachtete Ausstellungen, die 1981 auch die Lebenswelt der neu zugezogenen Nachbarn zeigten: „Morgens Deutschland, abends Türkei“. Künstler nutzten Arbeitsmöglichkeiten im Haus, 2005 zogen erneut Besetzer in Teile des Gebäudes ein.
1843 hatte Friedrich Wilhelm IV. einen 400 Jahre alten Orden reanimiert, die „Ehrwürdige Gesellschaft Unserer Lieben Frauen auf dem Berge Brandenburg“, einst vom Kurfürsten Friedrich II. ins Leben gerufen. Im Ordenssymbol: ein Schwan. Dieser „Schwanenorden“ war es, der auf Wunsch des Königs in der Residenzstadt Berlin ein Mutterhaus errichten und Krankenpflege betreiben sollte. 1845 war Grundsteinlegung. Mit dem christlichen Geist wollte Friedrich Wilhelm IV., „von Gottes Gnaden König von Preußen“, zugleich dem demokratischen – und bürgerlichen – Geist entgegentreten, der sich langsam ausbreitete. Die schon 1810 von seinem Vater Friedrich Wilhelm III. versprochene Verfassung wurde auch bei Friedrich Wilhelm IV., Anhänger einer mittelalterlichen Ständeordnung, nicht eingeführt. Arme und Kranke hatten keine Forderungen zu erheben oder Rechte einzufordern. Ihnen wurde huldvoll etwas gewährt, wenn es dem König beliebte. Die freiwillige christliche Engagement durch das Diakonissenhaus stand damit einer kommunalen Armenversorgung in der Luisenstadt gegenüber, wie sie das liberale Bürgertum organisierte.
Von der Ordensidee wurde der König zwar im Laufe der Planung von seinen protestantischen Beratern abgebracht, die wenig von Anleihen an den Katholizismus hielten. Aber das „Institut zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen“ mit angeschlossenem Krankenhaus nahm Gestalt an. Und die Berliner nannten es noch längere Zeit „Schwanenhaus“.
(Hinweis: Die hier verwendeten Abbildungen stammen aus dem eigenen Archiv. Sollte es dennoch einmal Unklarheiten bezüglich des Urheberrechts geben, wenden Sie sich bitte einfach per Mail an mich: info@ulrich-horb.de)
Herr Ulrich Horb,
habe Ihre Serie hier gelesen, Wissen Sie wer das Treppenhaus resp. die gusseisernen Treppen im Krankenhaus Bethanien gefertigt hat. Könnte das von Franz Anton Egells (Woderb & Egells) stammen.
Wäre dankbar für einen Hinweis