1973 war der Wedding einer von 12 West-Berliner Bezirken. Nach dem Mauerbau lag er nicht mehr im Zentrum der Stadt sondern am Rande, er galt als Arbeiterbezirk mit zerfallenen Mietskasernen. Inbegriff dessen: „Meyers Hof“, sechs düstere Hinterhöfe, auf denen Kinder spielten. Ein Wedding-Buch, das damals mit Unterstützung des Bezirksamts Wedding im Verlag Haupt & Koska erschien, bemühte sich um ein differenzierteres – und schöneres – Bild.
1237 wurden Berlin und Cölln erstmals urkundlich erwähnt, schon 14 Jahre später erscheint auch der Name Wedding, ein unfruchtbares Gebiet im Norden Berlins, in den Urkunden. 1289 ging das Gebiet zunächst als Geschenk an Berlin, um 1600 entstand ein Gutshof, von Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1766 war das Gut kurfürstliche Domäne, 1827 kam es wieder in den Besitz Berlins. Eine Quelle, der Gesundbrunnen, bescherte einen kleinen Aufschwung. Die Straßennamen beschreiben noch heute, was hier einst zu finden war: Wiesenstraße, Torfstraße, Fennstraße. Und entlang der Müllerstraße nutzten etliche Müller den Wind über dem unbebauten Gelände. Mit der Industrialisierung entstanden dann die Arbeiterquartiere. Frühe Siedlungsspuren kamen bei der Erneuerung der Fahrbahn in der Pankstraße zutage.
Der vom Bezirksamt Wedding beigesteuerte kommunalpolitische Teil des Bandes berichtet von den Aufbauleistungen, die sich das nach Kriegsende mehrheitlich sozialdemokratisch geführte Bezirksamt weitgehend zuschreiben kann. Als vordringliche Aufgabe wird die Stadterneuerung angesehen. Straßen bekommen neue Verkehrsführungen, der flächendeckende Abriss der Mietskasernenviertel wird geplant, heute wird diese Zeit eher kritisch gesehen. Moderne Einrichtungen, Kitas, Schulen, Seniorenfreizeitstätten sind 1973 bereits entstanden oder noch geplant. Innerstädtische Grünanlagen sind im Rahmen des Notstandsprogramm zunächst wieder zugänglich gemacht worden, nun werden aktive Erholungsgebiete entwickelt. Tuberkulose- Erkrankungen sind rückläufig, das Virchow-Krankenhaus bekommt ein neues Bettenhaus, die Lebensmittelüberwachung und die Schulgesundheitsfürsorge ziehen Bilanz, neue Freizeitangebote kommen Kindern und Jugendlichen zugute.
„Zum Schluss wird dem Wedding-Besucher noch sympathisch sein, dass er hier Menschen antrifft, die in besonderem Maße den derben Berliner Humor praktizieren“, heißt es am Ende des kommunalpolitischen Teils. Dieser Humor mache auch „aufnahmebereit für jeden Fremden, der unser Freund sein mag“.
Ein eher werbend wirkender Anhang stellt einige größere Weddinger Betriebe vor, darunter die AEG, Autoveri, Osram oder Schering.
Wedding, Stadt in der Stadt, Ein Berliner Bezirk stellt sich vor, Berlin 1973, 130 S., zahlr. Abbildungen